Konflikte sind unvermeidlich – Akzeptieren heißt profitieren!

Manchmal denkt man doch: „Was ist das hier für ein Kindergarten!“ Kann doch nicht sein, dass es immerzu und überall zu Komplikationen kommt, weil es menschelt und scheinbar aus jeder Mücke ein Elefant gemacht wird. Und dabei sind hier doch erwachsene und intelligente Menschen angestellt.

Beruhige Dich: Ich kann dir sagen, dass Konflikte ein normaler Bestandteil des menschlichen Miteinander sind. Wenn Menschen miteinander interagieren, treten Konflikte auf. Das hat nichts mit Schwäche oder Misserfolg zu tun sondern es ermöglicht Veränderung und Entwicklung. 

Warum gibt es Konflikte in Unternehmen?

Zunächst einmal: Konflikte sind prinzipiell gut und hilfreich. Sie zeigen dir als Führungskraft, wo etwas zum Besseren verändert werden kann. Es gibt aber auch negative Auswirkung von Konflikten – quasi die Kehrseite. Daher ist es in jeder Organisation eine wesentliche Führungsaufgabe, Konflikte zu bearbeiten, um deren Kosten zu minimieren. Und hier kann es hilfreich sein zu wissen welche Ursachen es gibt, um kein Öl ins Feuer zu gießen.

Die Gründe für Konflikte sind so vielfältig wie die menschlichen Interaktionen. Meist beginnt es, gut gemeint, wurde aber nicht gut gemacht! Der eigentliche Hintergrund für Konflikte ist leider eben nicht nur einer, es sind viele Hintergründe: Wir zählen mal ein paar davon auf:

  • Unterschiedliche Perspektiven und Meinungen
  • unterschiedliche berufliche Hintergründe und Fachgebiete, die zu diversen Ansichten und Arbeitsweisen führen
  • Spannungen erleben, aber nicht drüber reden
  • Unklare und / oder unzureichende Kommunikation
  • Nonverbale Signale, wie Körpersprache und Mimik, die falsch interpretiert werden
  • Unklare Emotionale Bindungen und zwischenmenschliche Dynamiken wie Eifersucht, Neid oder Mißgunst
  • Zu heftige emotionale Reaktionen und Temperamente der Teammitglieder
  • Stress und äußere Einflüsse
  • Beruflicher Druck durch enge Fristen
  • Zu hohe Arbeitsbelastung und persönliche, familiäre  Probleme
  • Ungeklärte Erwartungshaltungen
  • Strukturelle und organisatorische Faktoren, wie die Matrix- oder Projektorganisation
  • Unklare Rollen und Verantwortlichkeiten
  • Unklare Aufgabenbeschreibungen 
  • Nicht ausreichende oder auch unklare Ressourcenzuweisungen
  • Fehlende Unterstützung durch das Management
  • unzureichende Führungsstrukturen
  • Wachstum und Veränderung
  • Einführung neuer Technologien oder Prozesse
  • Erweiterung des Teams
  • Nicht gesehen und gehört werden
  • Das Gefühl, unwichtig zu sein

Diese Liste lässt sich endlos fortführen. Und das ist so, weil jede Aktion und auch jede Unterlassung in menschlichen Miteinander zu Verletzungen und damit zu Konflikten führen kann. „Alle Konflikte sind zwischenmenschliche Konflikte“, wie es Alfred Adler einmal so passen auf den Punkt gebracht hat.

Menschen haben Emotionen – bewusste und nicht bewusste

Jeder unserer Mitarbeiter und Kollegen hat unzählige und meist sogar unbewusste Auslöser für Emotionen – ohne es zu wollen. Denn jeder Mensch hat seine Erfahrungen und Eigenschaften und viele davon sind uns nicht einmal bewusst. Während die sensorischen Auslöser wie Gerüche oder Geräusche oder die körperliche Zustände (Stichwort: Hangry) vielen noch bekannt sind, gibt es einige, die weniger bekannt sind und daher umso subtiler wirkt. Hier drei der häufigsten im Arbeitsumfeld, die man als Führungskraft kennen sollten.

Priming

  • Definition: Priming bezieht sich auf den unbewussten Einfluss vorheriger Erfahrungen auf unsere Emotionen und unser Verhalten.
  • Beispiel: Ein Mensch, der vorher ein bestimmtes Wort oder Bild gesehen hat, kann danach emotional auf eine neue Situation reagieren, ohne den Zusammenhang zu erkennen.

Erfahrungsassoziationen

  • Definition: Frühere Erlebnisse und Erfahrungen werden oft unbewusst mit bestimmten emotionalen Reaktionen verknüpft.
  • Beispiel: Eine Person könnte plötzlich Angst in einer bestimmten Umgebung empfinden, weil sie unbewusst an ein traumatisches Ereignis erinnert wird, das dort stattgefunden hat – der berüchtigte Trigger.

Unbewusste Gedankenmuster

  • Definition: Wiederkehrende, automatische Gedanken, die unbewusst ablaufen, können Emotionen beeinflussen.
  • Beispiel: Negative Gedankenmuster, wie sich unbewusst Sorgen über die Zukunft zu machen, können Angst oder Stress hervorrufen.

Unbewusste Auslöser für Emotionen entstehen oft aus einer Kombination von früheren Erfahrungen, sensorischen Reizen und sozialen Interaktionen, die unter der Oberfläche wirken und unsere Gefühle beeinflussen, ohne dass wir es aktiv bemerken.

Alle sind betroffen – unabhängig von Bildung, sozialem Stand oder Intelligenz

So sicher wie das Amen in der Kirche kommt, so sicher kannst du davon ausgehen, dass kein Mensch frei von Konflikten ist. Jeder ist betroffen, ganz egal, welchen Bildungstand, aus welchem sozialen Hintergrund, wie hoch die Intelligenz oder wie ausgebildet der Charakter und die Persönlichkeit sind. Wenn dir ein Mensch besonders Konflikt-frei erscheint, ist er vermutlich nur ein guter emotionaler Regulator.

Im Folgenden wollen wir dir einige Auslöser für negative Emotionen vorstellen, die einen Konflikt antreiben können.

Niedrige Ambiguitätstoleranz

Wie jemand arbeitet, hat mit seiner Arbeitssozialisation zu tun. Das Bildungsniveau bestimmt oftmals die Ansichten und auch die Arbeitsweise. Mit zunehmenden Wissen und mehr Information ergeben sich andere Erwartungen und Methoden. Jede formale Ausbildung führt zu bestimmten Handlungen, weil bestimmte Erfolge gesichert sein sollen. Das sagt jedoch nichts darüber aus, ob das besser oder schlechter ist. Es ist auf jeden Fall anders.

Diese unterschiedlichen Vorgehensweisen erfordern immer wieder Abstimmungsprozesse, die Reibungsverluste mit sich bringen. Und Abstimmungsprozesse erfordern, dass unterschiedliche Arten und Weisen an eine Problemlösung heranzugehen, akzeptiert werden müssen. Menschen brauchen dafür etwas, was wir als Ambuguitätstoleranz bezeichnen.

Ambiguität bedeutet Mehrdeutigkeit oder Unklarheit und bezieht sich auf Situationen, Begriffe oder Informationen, die auf verschiedene Arten interpretiert oder verstanden werden können. Ist die Toleranz für Ambiguität niedrig, empfinden Menschen mehrdeutige oder unsichere Situationen oft als bedrohlich oder unangenehm.

Dies kann mit einem niedrigeren Selbstwertgefühl verbunden sein, da diese Personen eher Zweifel an ihren Fähigkeiten haben, mit der Unsicherheit umzugehen. Unbewusste Gedankenmuster können sie dazu veranlassen, für sie klare, vorhersehbare Situationen zu bevorzugen, weil sie sich dort sicherer und kompetenter fühlen. Dazu zwei Beispiele:

  • Eine Person mit hohem Selbstwertgefühl kann es als Herausforderung sehen, mit widersprüchlichen Informationen umzugehen, anstatt sich davon überwältigt oder bedroht zu fühlen.
  • Eine Person mit niedrigem Selbstwertgefühl könnte in einer unklaren Arbeitssituation Angst oder Stress empfinden und sich überfordert fühlen, da sie nicht sicher ist, ob sie den Anforderungen gerecht wird.

Aus psychologischer Sicht:

  • Selbstsicherheit und Stressbewältigung: Menschen mit hohem Selbstwert haben tendenziell mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten, mit neuen oder unklaren Situationen umzugehen. Dies führt dazu, dass sie weniger Stress empfinden, wenn sie mit Ambiguität konfrontiert werden. Umgekehrt erleben Menschen mit niedrigem Selbstwert Unsicherheiten als größere Bedrohung, was zu einer geringeren Ambiguitätstoleranz führt.
  • Kognitive Flexibilität: Menschen mit hohem Selbstwert sind oft kognitiv flexibler. Sie können besser mit Unsicherheiten umgehen und alternative Denkweisen annehmen, ohne dass ihr Selbstbild dadurch beeinträchtigt wird. Diese Flexibilität fördert die Toleranz gegenüber Mehrdeutigkeit.
  • Selbstwert als Puffer: Selbstwert kann als eine Art Puffer dienen, der Menschen hilft, sich sicher zu fühlen, auch wenn äußere Umstände unsicher oder widersprüchlich sind. Ein starkes Selbstwertgefühl ermöglicht es Menschen, sich weniger auf externe Bestätigung zu verlassen und mehr auf ihre innere Stabilität zu vertrauen.

Wenn wir also vermuten, dass hier die Ambiguität zum Auslöser geworden ist, lohnt es sich, einmal die argumentative Überzeugungsarbeit sein zu lassen und stattdessen den Selbstwert unseres Gegenübers zu stärken.

Intelligenz und Findigkeit können hilfreich sein, aber…

Es gibt hunderte von Problemlösetechniken. Wer viel darüber weiß und viel damit arbeitet wird immer anders an eine Problemlösung herangehen, als jemand, der sich mit Erfahrungslernen an die Lösung eines Problems macht. Eine Mensch mit großem Hang zu fundierten Entscheidungen wird ebenfalls anders an eine Problem herantreten als ein Freigeist, der seine Kreativität nutzt und eventuell mal ganz anders denkt.
Es braucht die Fähigkeit das Andere zu schätzen und zuzulassen.

Als Führungskraft kann es dir helfen eine Konfliktursache aus dem Weg zu räumen, wenn du berücksichtigst, dass sich Menschen ganz gut in drei Überzeugungssysteme bezüglich ihres eigenen Wissens einteilen lassen, die wenig mit ihrer Intelligenz und Findigkeit zu tun haben.

  • Absolutistisch: Die Annahme, dass Wissen fest und unveränderlich ist. Diesen Menschen wird es schwer fallen in einem Konflikt, die verschiedenen Meinungen zu diskutieren, um eine neue Lösung zu finden. Ihr Motto ist: Gelernt ist gelernt.
  • Multiplistisch: Die Annahme, dass Wissen subjektiv ist und jede Meinung gleichermaßen gültig. Diese Menschen sind in Konflikten zwar kompromissbereit, können im Team aber auch zu einem Problem werden, wenn sie einfach weiterhin „ihr Ding“ machen. Ihr Motto: Leben und leben lassen.
  • Evaluativistisch: Die Annahme, dass Wissen vorläufig ist und immer wieder durch neue Evidenz überarbeitet werden kann. Mit dieser Gruppe streitet es sich vortrefflich. Das kann aber bedeuten, dass sie andere Teammitglieder an die Grenze ihrer intellektuellen Fähigkeiten und Konfliktkompetenz bringen. Ihr Motto: Nichts ist so Beständig wie der Wandel.

Jetzt mache aber nicht den Fehler, alle Menschen in deinem Umfeld in eine dieser Klassen einzuteilen. Es kann nämlich gut sein, dass Menschen sich verändern oder in unterschiedlichen Bereichen mit einer anderen Überzeugung ans Werk gehen. Steckst du in einem Konflikt oder bist für einen Zuständig, kann es aber hilfreich sein, einmal zu prüfen, welches unbewusste Gedankenmuster bei den Beteiligten vorherrschen.

Soziale Hintergründe wirken sich aus

Auch der soziale Stand und Hintergrund eines Mitarbeiters kann zu Konflikten führen. Ein Mitarbeitender aus einem privilegierten Umfeld hat vermutlich andere Erfahrungsassoziationen erlernt als jemand, der aus bescheideneren Verhältnissen stammt. Auch hier geht es nicht um besser oder schlechter. Mangel macht ja bekanntlich erfinderisch. Allerdings funktionieren Assoziationen situativ hier besser, da schlechter.

Ein Beispiel: Mangelempfinden führt oft dazu, dass Probleme gesehen werden, wo keine sind, denn es fehlt die Erfahrung, dass alles da ist, was zur Problemlösung gebraucht wird.

Soziale Unterschiede können aufgrund von Ressentiments Konflikte antreiben, wenn es keine Anerkennung für das Anders-sein und -handeln gibt. Solltest du als Führungskraft wahrnehmen, dass jemand deiner Einschätzung nach mit unverhältnismäßig starken Emotionen reagiert, kannst du erst nach seinen Befürchtungen fragen, bevor du versuchst seine Bedenken kleinzureden. Unter Umständen erweitern seine Erfahrung das Gesamtbild und verbessern dadurch deine Entscheidung.

„Man kann nicht nicht kommunizieren“

Das berühmte Zitat „Man kann nicht nicht kommunizieren“ stammt vom Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick und drückt aus, dass jede Handlung – oder auch Nicht-Handlung – als Kommunikation interpretiert werden kann. Selbst Schweigen, Gestik oder Körperhaltung senden Botschaften aus, die von anderen wahrgenommen und interpretiert werden. Kommunikation ist somit unvermeidlich und geschieht ständig, ob bewusst oder unbewusst.

Deshalb ist es für eine Führungskraft wichtig, die Verantwortlichkeiten innerhalb der Kommunikation zu kennen. „Der Empfänger macht den Inhalt der Nachricht“ stellt daher eine zentrale Erkenntnis für Führungskräfte dar. Der tatsächliche Inhalt einer Botschaft entsteht nicht allein durch das, was der Sender sagt oder tut, sondern durch die Art und Weise, wie der Empfänger diese Botschaft interpretiert. Der Sender kann seine Absicht haben, doch der Empfänger gibt dieser Nachricht eine eigene Bedeutung, die nicht zu Letzt durch Priming, Erfahrungsassoziation und unbewusste Gedankenmuster beeinflusst wird.

Angesichts der Tatsache, dass der Empfänger eine zentrale Rolle in der Bedeutungsfindung von Nachrichten spielt, tragen Führungskräfte eine besondere Verantwortung in der Kommunikation. Die Art und Weise, wie sie kommunizieren, kann großen Einfluss auf die Wahrnehmung, das Verständnis und das Verhalten der Mitarbeitenden haben. Kommt es zu einem Konflikt, ist es deshalb ein guter Ansatz zu klären, ob eine Botschaft nur falsch verstanden wurde und falls ja, nachzuvollziehen, wie es dazu kam.

Psychologische Disposition kann zu Problemen führen

Bisher haben wir Situationen behandelt, die nicht im eigentlichen Sinne aus Charaktereigenschaften entstanden sind. Der Charakter gilt als schwer veränderliche Eigenschaft des Menschen und die bis hier beschriebenen Phänomene sind aus erlernten Verhaltensweisen entstanden. Sie sind also gut veränderbar.

Im Führungsalltag gibt es aber immer wieder einen Charakterzug, der zu Problemen führt, obwohl er es gar nicht müsste. Die sogenannte Extraversion. Ist sie Stark ausgeprägt, sprechen wir zurecht von einem Extrovertierten. Ihnen ist es wichtig, dass sie gesehen werden und dafür tragen auch selbst Sorge! Genauso gibt es Menschen, die eher still und in sich gekehrt sind und die wenig Wind um sich selbst machen. Bei ihnen ist die Extraversion niedrig ausgeprägt und kommt noch eine gewisse Schüchternheit dazu, sprechen wir von Introvertierten. Beide Menschen brauchen jedoch die selbe Wertschätzung für ihre Leistungen und sie wollen in ihrer Arbeitssituation gleichermaßen anerkannt und respektiert werden.

Untereinander kann es aufgrund ihrer Persönlichkeit zu Probleme kommen. Ein extrovertierter Mitarbeiter könnte den Arbeitsstil eines introvertierten Kollegen als unengagiert interpretieren, während der introvertierte Kollege den Extrovertierten manchmal aufdringlich empfindet. Zwischen den mehr und den weniger Extrovertierten, kann es daher leicht zu Geringschätzung und Grenzüberschreitung (Respektlosigkeit) kommen.

Als Führungskraft ist es daher meine Aufgabe darauf zu achten, ob den unterschiedlichen Charaktereigenschaften in meiner Planung Rechnung getragen wurde. Habe ich besonders starke Unterscheide in meinem Team kann es dauerhaft zum Problem werden, wenn ich „offenen Diskussionen“ als Lösungsmethode nutze. Hier werden viel zu häufig die Extrovertierten dominieren.

Deshalb geht an dich die Empfehlung, suche nach Formaten die zum Team passen, bevor du einen Workshop planst. Wir nutzen im Campus daher sehr gerne die L®SP®-Methode für unsere Workshops, da diese charakterliche Unterschiede hervorragend minimiert und auch viele der voran genannten Konfliktherde aushebeln.

Konflikte durch strukturelle oder organisatorische Entscheidungen

Im letzten Blog-Beitrag haben wir schon ausführlich über das Organisationsdreieck aus Strategie, Struktur und Kultur geschrieben. Leider ist es so, dass auch die Organisationsstrukturen eines Unternehmens zur Ursache für Konflikte werden kann. Dabei soll die Aufbau- und Ablauforganisation helfen, die Menschen im Unternehmen zu unterstützen. Es gibt jedoch strukturelle Entscheidungen, die ungewollt Konflikte fördern. 

Unklare Rollen und funktionelle Brüche in der Hierarchie führen oftmals zu Verwirrung. An wen sollen sich die Mitarbeiter denn nun wenden? An den fachlich Vorgesetzten, den Projektleiter, die personalvorgesetze Person oder an die „graue Eminenz“ oder lieber doch gleich an die Person, bei der sie die gewünschte Antwort bekommt? Wer trifft wirklich die Entscheidungen? Wer entscheidet über die Verteilung von Ressourcen wie Zeit, Geld oder Personal. Bei wem entscheidet die Vorschrift und wer hat wirklich „den Hut auf?“ Solche Unklarheiten führen zu Verunsicherung und Druck.

Eine Umstrukturierung zum Beispiel sollte immer nur dann erfolgen, wenn vorab ein strategischer Prozess zu strategischen Entscheidungen geführt hat und die sich daraus ergebenden Kulturelemente bedacht und berücksichtigt wurden. Erst dann kann definiert werden, welche Struktur das neue Konstrukt im Unternehmen stützt und welche Herausforderungen sich aus der Restrukturierung ergeben werden. Kurz gesagt: Die Strategie muss eine neue Struktur fordern und die Kultur muss sie fördern.

Dazu ein Negativ-Beispiel: Die Geschäftsführung kommt mit einem neuen strategischen Plan aus der Klausur. In Folge dessen wird – zur besseren Umsetzung – entscheiden, OKRs einzuführen. Flache Hierarchien sollen dem traditionsreichen Produktionsbetrieb wieder pep geben.

Woran muss diese Beispiel scheitern?

  • Am „strategischen Plan“. Wenn es der Geschäftsführung möglich ist, so detailliert an der Strategie zu arbeiten, dass dabei ein Plan herauskommt, (er)fordert dessen Umsetzung keine agile Methode. Agile Methoden haben nur dann ihre Berechtigung, wenn Neues gewagt und Unbekanntes getan werden soll. Bei OKRs geht es darum, möglichst schnell zu scheitern, denn, um eine Lösung zu finden, wird man mehrere Ansätze verfolgen müssen.
  • Am „traditionsreichen Produktionsbetrieb“. Über Jahre hat solides Management den Betrieb erfolgreich gemacht. Die Mitarbeiter lieben ihre Pläne und Meilensteine, sie kennen ihre Aufgaben und Tätigkeiten. Jetzt sollen diese eingespielte Perfomance-Gruppe auf Eigenverantwortung und Leadership getrimmt werden? Das kommt einem Vertragsbruch gleich! In „diesem Unternehmen“ hatte sich keiner der Mitarbeiter beworben. Die Kultur wird den Strukturwandel deshalb mit unsichtbarer Hand verhindern.

Wenn du also über eine strukturelle Veränderung nachdenkst, stelle sicher, dass die Strategie dies (er)fordert und das die Kultur dies fördert. Lass dir nicht von der Ungeduld einflüstern, Veränderung beginne stets mit der Struktur. Ansonsten kann es sein, dass du mehr Konflikte schaffst, als du Probleme löst.

Befangenheit durch Vorurteile 

Bisher haben wir über Verhaltensweisen, Charaktereigenschaften und strukturelle Ursachen für Konflikte gesprochen. Nun wollen wir zum Lösungsversuch als „Ursache“ kommen. Es gibt nämlich Glaubenssätze, die Öl ins Feuer gießen und dann tatsächlich den eingangs erwähnten Elefanten aus der Mücke erschaffen. Wir sprechen hier von den Vorurteile gegenüber Menschen, die in Konflikte verwickelt sind. Diese Vorurteile können das Arbeitsklima negativ beeinflussen und die Konflikte weiter verschärfen. Hier sind einige häufige Vorurteile, die allesamt falsch sind:

  • Wer Konflikte hat, ist schwach oder unfähig seine Emotionen zu regulieren
  • Wer nicht sachlich und konstruktiv kommunizieren kann, ist unprofessionell
  • Wenn du nicht immer harmonisch zusammenarbeiten kannst, bist du nicht teamfähig
  • Wer in einem Konflikt involviert ist, ist eine negative Persönlichkeit
  • Wer sich in einen Konflikt verwickeln lässt, ist instabil und unzuverlässig
  • Wer Konflikte im Team hat, hat keine Führungskompetenz
  • Konflikte hat nur jemand, der seine Emotionen nicht im Griff hat
  • Konflikt hat nur, wer sich nicht selbst beherrschen kann.
  • Wenn du Konflikte hast, bist du unzufrieden mit deiner Arbeit
  • Wer Konflikte hat, will nur Aufmerksamkeit erlangen
  • Konflikte hat nur, wer sich nicht selbst erkennt und die Umstände schuldig macht
  • Wer Konflikte anzettelt, hat Rache im Sinn

Wer mit solchen Glaubenssätzen an die Konfliktbearbeitung herangeht, hat keinen offenen Blick mehr für das, was grad los ist. Um es ganz offen zu sagen: Mit diesen Vorteilen disqualifiziert sich eine Führungskraft! Studien haben gezeigt, dass durchschnittlich 1/3 der Aufgaben einer Führungskraft die Konfliktbearbeitung ist. Wer da mit Glaubenssätzen zu Werke geht, kann nur versagen. Und hier kommt gleich noch der Glaubenssatz, der dann das Fass zum Überlaufen bringt: Jeder Konflikt sei lösbar! Nein, dass ist er nicht. Konflikte sind lediglich stets bearbeitbar.

Als Führungskraft bist du für die Konfliktbearbeitung auf Empathie angewiesen und da sich um diesen Begriff eine Menge Missverständnisse ranken, wollen wir ihn an dieser Stelle ein wenig erläutern. Drei Begriffe tummeln sich nämlich hier im Becken, die wir einmal voneinander abgrenzen müssen.

Mitleid bezieht sich darauf, dass man das Leiden einer anderen Person erkennt und bedauert, ohne jedoch unbedingt ihre Gefühle zu teilen oder zu verstehen. Mitleid ist daher eine nicht zu unterschätzende Ursache für unabsichtlich Respektlosigkeit und Kränkung.

Mitgefühl ist oft das Resultat von Empathie, insbesondere von emotionaler und motivationaler Empathie. Es bezieht sich auf das Verständnis und das Teilen der Gefühle anderer, gekoppelt mit dem Wunsch, zu helfen.

Empathie ist die Fähigkeit, die Emotionen, Gedanken und Perspektiven anderer Menschen zu verstehen und nachzuempfinden. Sie ermöglicht es uns, uns in die Lage anderer zu versetzen und sowohl ihre Gefühle als auch ihre Sichtweise auf die Welt nachzuvollziehen.

Aus psychologischer Sicht, setzt sie sich aus mehreren Komponenten zusammen, die zusammenwirken, um das Verständnis und die Reaktion auf die Emotionen anderer zu ermöglichen. Diese Komponenten lassen sich in kognitive, emotionale und motivationale Aspekte unterteilen. Die verschiedenen Komponenten der Empathie wirken unterschiedlich zusammen, um eine vollständige empathische Reaktion zu ermöglichen. Hier ist ein Beispiel, wie sie ineinandergreifen:

  • Kognitive Empathie ermöglicht es dir, die Situation einer anderen Person zu verstehen, indem du ihre Perspektive rational nachvollziehst.
  • Emotionale Empathie führt dazu, dass du auf die Emotionen der Person emotional reagierst und ihre Gefühle teilst.
  • Motivationale Empathie sorgt dafür, dass du aufgrund dieses Verständnisses und Mitempfindens den Wunsch verspürst, dieser Person zu helfen.

Affekte wie Wut hemmen emphatisches Denken. Deshalb ist es als Führungskraft in einem Konflikt immens wichtig zu wissen, ob du involviert oder vielleicht sogar befangen bist. Egal, ob du selbst Wut empfindest oder nur der Adressat bist, Wut steht einer Konfliktbearbeitung im Weg.
Und Glaubenssätze schränken die Wahrnehmung ein, da du keine Empathie mehr brauchst um die Situation zu verstehen. Du hast ja schon dein (Vor)Urteil gefällt, warum sollte dein Gehirn weitere Ressourcen verschwenden? Coaches und Mediatoren und Arbeitspsychologen können dabei helfen, solche Vorurteile zu erkennen und sie zu überwinden.

Fazit

Konflikte sind ein normaler Teil unseres menschlichen Miteinanders. Sie können früh erkannt werden und sie können immer bearbeitet werden. Niemand muss leiden, nur weil es Konflikte gibt. Oftmals sind sie der Anstoß für positive Anpassungsprozesse und Veränderungen, die oft lange überfällig waren. 

Als Führungskraft solltest du dir darüber im Klaren sein, dass du für die Bearbeitung von Konflikten verantwortlich bist. Und vor allem sollte es so sein, dass deine Mitarbeitenden wissen, dass sie mit Konflikten zu dir kommen können und du dich um die Bearbeitung kümmerst. Wer in seinem Unternehmen Konflikte nicht selbst bearbeiten kann oder möchte, kann sich jederzeit Hilfe holen und z.B. eine Mediation beauftragen.

Konflikte sind nicht das Ergebnis von Schwäche oder Inkompetenz oder fehlender sozialer Bildung. Konflikte sind immer ein Ergebnis menschlichen Miteinanders oder ein Ergebnis aus Situationen, die sich durch vielfältige und komplexe Dynamiken zwischen Menschen entwickeln.

Wenn Du lernen willst, besser mit Konflikten umzugehen, kannst du dich jederzeit für eines unser Leadership Trainings anmelden.

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  • Leadership ESSENTIALS. Dieser Onlinekurs hilft dir präventiv an Konflikten zu arbeiten, indem du lernst, Konflikte als Treiber von Veränderung zu nutzen. Es richtet sich an alle Personen mit Führungsverantwortung.
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